Von Mostar über Sarajevo und Zagreb zurück nach Südtirol

Mostar – Sarajevo

Die Bahnstrecke von Mostar nach Sarajevo ist eine der schönsten, wenn nicht die schönste der bisherigen Reise. Die Strecke windet sich lange durch das enge Tal, dann geht es in weiten Kehrschleifen hinauf in die Berge. In der Schweiz würde man hier wahrscheinlich zusätzlich zu den regulären, im Halbstundentakt verkehrenden Zügen mehrmals täglich für Touristen bestimmte Züge mit Panoramawagen einsetzen, die man als „Canyon Express“ vermarktet. In Bosnien-Herzegowina hingegen fahren hier genau zwei Züge pro Tag und Richtung, die aus jeweils zwei Waggons bestehen. Das gesamte „Kursbuch“ von Bosnien-Herzegowina besteht aus einer einzigen DIN A4-Seite, die an den größeren Bahnhöfen aushängt. Meine bei der Einfahrt des Zuges in Mostar geäußerte Vermutung, dass unser Waggon ein alter Schwede ist, wird durch eine Plakette im Wageninneren bestätigt. Ein Geschenk der schwedischen Staatsbahn an die Eisenbahnen der Föderation Bosnien und Herzegowinas. Die Landschaft, in der dieser Waggon als Rentner weiterhin aktiv sein darf, kann absolut mit Schweden mithalten. In Schweden musste er aber vermutlich nicht so viel Zigarettenrauch aushalten.

Nach der schönen Fahrt genießen wir mit alten Tatra-Straßenbahnen, einer noch älteren Pferdekutsche und einem jungen Stadtführer das schöne Sarajevo, das irgendwie den gesamten Balkan in sich vereint.







Sarajevo – Zagreb

Die lange Zugfahrt von Sarajevo nach Zagreb war nie wirklich langweilig, aber auch nie wirklich spannend. Flüsse, Felder, Häuser, ab und zu eine Straße oder ein Bahnhof. Unsere nette Abteil-Nachbarin hat uns von ihren Krapfen und Bonbons angeboten, wir konnten uns immerhin mit ein paar Trauben revanchieren. Ab der kroatischen Grenze war der Zug ein bisschen schneller – bis zu 100 km/h! – unterwegs, abgesehen von der stinkenden Raffinerie war die Landschaft aber nicht so, dass man gezwungen wurde, aus dem Fenster zu schauen. Nach neun Stunden Fahrt pünktliche Ankunft in Zagreb, Jugendherberge schnell gefunden, ab in die Altstadt, zufällig ein Straßenfest mit Livekonzert (und RTL-Berichterstattung!) mitgekriegt und dann das letzte Bier der Reise mit Blick auf den Monitor, wo Deutschland 3:2 gegen Schottland gewinnt. Hübsche Stadt, dieses Zagreb. Das nächste Mal dann gerne etwas länger und auch bei Helligkeit (und beim übernächsten Mal noch länger).


Zagreb – Bozen

Steckdose am Platz, Klopapier in der Toilette, moderne Inneneinrichtung, Speisewagen. Der EuroCity von Zagreb Richtung Frankfurt ist so ganz anders als unsere bisherigen internationalen Züge seit Budapest. Die Geschwindigkeit ist noch vertraut niedrig – wir tuckern gerade mit 60 km/h über die zweigleisige Hauptstrecke –, aber wenigstens halten wir heute nicht an jeder Milchkanne. Am Grenzübergang Kroatien – Slowenien werden ein letztes Mal unsere Pässe kontrolliert. Sieben Polizisten stürmen förmlich den Zug. Dass sie bewaffnet sind ist logisch, sie müssen uns ja notfalls erschießen können. Aber warum hat der eine einen großen Schraubenzieher dabei? Aah, damit er im Vorraum die Deckenverkleidung öffnen und den Hohlraum darüber mit der Taschenlampe ausleuchten kann. Der Polizist findet weder Drogen noch Flüchtlinge und gestattet dem EuroCity 212 die Einreise in den Schengen-Raum.

Ljubljana 

Ljubljana ist eine hübsche, süße, liebenswerte Hauptstadt. Die Altstadt hat man schnell gesehen, den Schlosshügel schnell erklommen (bergab bin ich natürlich mit der verglasten Standseilbahn gefahren). 
Slowenien war das zwölfte und letzte Land der Reise. Ich bin über Karawankentunnel und Osttirol zurück nach Südtirol gefahren, Svenja ist über Tauerntunnel und Salzburg zurück nach Deutschland gefahren. Vom Pustertal kann ich nichts mehr sehen, weil es längst dunkel ist. Der nicht bemerkte Grenzübertritt zwischen Sillian und Innichen war der 18. und letzte der Reise (wenn man bedenkt, dass die Bahnstrecke von Belgrad nach Podgorica einen Schlenker durch Bosnien-Herzegowina macht, waren es sogar 20 Grenzübertritte). „Nächster Halt: Percha. Prossima fermata: Perca“. Die vertrauten zweisprachigen Durchsagen, die vertrauten Südtiroler Zug-Sitze, wieder daheim. Die Balkan-Reise 2015 ist abgeschlossen.