Meine Prognose, dass bis Aachen alles reibungsläufig läuft und es die Deutsche Bahn dann grandios verkacken wird, war nicht ganz korrekt. Schließlich hatten wir gestern in Frankreich auch schon eine Stunde Verspätung. Aber die Deutsche Bahn übertrifft sich heute selbst: Notarzteinsatz, Weichenstörung, Böschungsbrand, Streckensperrung. Alles dabei. Plus eine Schaffnerin, der ich am liebsten ins Gesicht gesprungen wäre, weil sie mich für die eine Station von Mannheim nach Stuttgart nicht ohne Reservierung ins Fahrradabteil gelassen hat. Der ICE, für den ich ab Mannheim bis Stuttgart eine Fahrradreservierung gehabt hätte, hatte mich, während mein ICE aus Köln vor Mannheim ewig festhing, überholt und war schon längst weg. Weil der IC nach Esslingen, nachdem ich wie ein Irrer mit Fahrrad und drei Packtaschen durch die Unterführung auf den Nachbarbahnsteig gerannt war, direkt vor meiner Nase abgefahren ist und ich in den späteren ICE nicht rein durfte, gab es in Mannheim – das ich mit mehr als 90 Minuten Verspätung erreicht hatte – also nur die Option, mit Regionalzügen über Heilbronn weiterzufahren. Halt nein Stopp, was sagt die Durchsage da gerade: die Strecke nach Heidelberg ist wegen eines Feuerwehreinsatzes gesperrt. Regionalverkehr ist also auch keine Option.
Geistesgegenwärtig renne ich erneut mit dem Fahrrad und drei Packtaschen runter in die Unterführung, wieder hoch auf Gleis 2, meinen „alten“ ICE entlang zu Wagen 1 und versuche völlig außer Atem, dem Schaffner zu erklären, warum ich da jetzt wieder einsteigen möchte. Er lässt mich rein. Mit absurd hohem Puls bin ich zurück im ICE 109 und werde in Karlsruhe erneut mein Glück versuchen, einen Zug nach Stuttgart zu finden, der mich und mein Fahrrad mitnimmt.
In Karlsruhe komme ich um 18:29 Uhr am hinteren Ende von Gleis 2 an. Um 18:32 Uhr fährt auf Gleis 13 der überfüllte IRE nach Stuttgart ab. Was soll ich sagen: Ich bin jetzt zwar restlos verschwitzt, aber ich habe es geschafft! Ich werde jetzt "nur" 2,5 Stunden später in Stuttgart ankommen als geplant. Also wenn nicht noch was dazwischenkommt...
Das gesamte Reisetagebuch unserer Großbritannien-Radreise 2023 findet man hier.