Ich liebe das Verkehrsmittel Bahn, trotzdem ärgere ich mich oft über die Bahn. 2018 habe ich mich scheinbar ganz besonders über die Deutsche Bahn geärgert, wie dieser Wutbrief zeigt.
Liebe Deutsche Bahn,
ich
gratuliere dir zu deiner unfassbaren Unfähigkeit. Die spart dir nämlich
viel Geld, die dich deine unfassbare Unfähigkeit sonst kosten würde.
Warum? Weil du nicht in der Lage bist, durchgehende Tickets nach
Südtirol auszustellen, wenn in der Reisekette Züge enthalten sind, an
denen du nicht selber beteiligt bist. Also musst du keine Entschädigung
zahlen, wenn aufgrund deines Versagens mal wieder was schief geht und
man die Reise nur mit Verspätung oder gar nicht mehr am selben Tag
beenden kann. Also immer.
Glücklicherweise wohne ich mittlerweile in Südtirol und bin in meinem Alltag nicht mehr auf dich angewiesen.
Aber bei den meisten Fahrten in und durch meine deutsche Heimat bin ich
weiterhin von dir abhängig. Und jedes Mal zeigst du dich von deiner
Schattenseite. The same procedure as last time, Deutsche Bahn? - The
same procedure as every time, Markus:
Bei
meinem drittletzten Aufenthalt in Deutschland hast du mir zum Beispiel
zwischen Puttgarden – bis zum Überschreiten der deutschen Grenze hatte
wie immer alles reibungslos geklappt – und Hamburg so viel Verspätung
eingebrockt, dass ich den ÖBB-Nachtzug nach Innsbruck nicht mehr
erreichen konnte. Statt mit dem bequemen ÖBB-Zug musste ich mit deinen
unbequemen Sardinenbüchsenzügen fahren, kam mehrere Stunden später in
Bozen an als geplant – aber entschädigt wurde ich für den verpassten
Nachtzug nicht, denn wie deine antikulanten Angestellten richtig bemerkt
haben: Ich hatte ja kein durchgehendes Ticket. Und warum hatte ich kein
durchgehendes Ticket? Weil DU UNFÄHIGSTER BAHNBETREIBER DER WELT
zu unfähig bist, eines auszustellen. Beziehungsweise weil du zu unfähig
bist, Nachtzüge zu betreiben. Die ÖBB beherrscht das ganz hervorragend,
auch in Deutschland.
Warten in Puttgarden |
The same procedure as last time, Deutsche Bahn? The same procedure as every time, Markus. |
Bei
meinem vorletzten Aufenthalt in Deutschland hast du mir ein unfassbares
Chaos angerichtet, weil die Fahrzeiten auf meiner Fahrkarte nichts mehr
mit dem reellen Fahrplan zu tun hatten. Ich sollte plötzlich zusätzlich
in Würzburg umsteigen, das ging dann aber doch nicht, weil ich
mittlerweile so viel Verspätung hatte, dass ich den anderen Zug nicht
mehr gekriegt hätte… Die „Qualitätszeit“ im Zug hatte ich also mal
wieder überwiegend mit Alternativverbindungssuche im DB Navigator
verbracht. Kurzum: Es freut mich wirklich sehr für dich, dass du deine
baustellenbedingten Verspätungen in letzter Zeit reduzieren konntest.
Der dafür nötige Trick, einfach die Fahrpläne zu ändern und die
Fahrzeiten zu verlängern, ist aber schnell zu durchschauen. Und vor
allem solltest DU RINDVIEH VON EINEM VERKEHRSDIENSTLEISTER deine
Fahrgäste, denen du ein Ticket verkauft hast, vorab informieren, dass
der auf dem Ticket angezeigte Fahrplan überhaupt nicht mehr gültig ist.
Noch dümmer als die Deutsche Bahn kann man Steckdosen und Haltestangen nicht einbauen. |
Bei
meinem letzten Besuch in Deutschland hast du mit einem Triebkopfschaden
und einer Oberleitungsstörung dafür gesorgt, dass ich die zwei Stunden
Puffer, die ich dieses Mal in Hamburg eingeplant hatte, nicht wie
vorgesehen mit einem guten Freund frühstückend verbringen konnte,
sondern nur Zeit für ein schnelles Franzbrötchen war, bevor ich in die
einzige funktionierende Tür des anschließenden Eurocity einstieg.
Reisekostenrückerstattung habe ich gleich gar nicht versucht, bei meinem
Interrailticket wärst du sicher auch wieder zu unfähig gewesen, mir
eine Erstattung auszuzahlen. In den anschließenden zwei Wochen
Interrail-Urlaub in Skandinavien waren übrigens alle Züge immer
pünktlich. Sicher nur ein Zufall.
Schnelles Franzbrötchen, dann zur einzigen funktionierenden Tür des EuroCity |
Letztes
Wochenende war es wieder so weit: ein Besuch in Deutschland. Eine Fahrt
mit dir. Und es wird dich nicht überraschen: Du hast mir schon wieder
einen Strich durch die Rechnung gemacht. Mein Ziel war, via Passau,
Mühldorf, Kufstein und Innsbruck am späten Abend in Bozen anzukommen.
Das Ticket ging aber nur bis Innsbruck – du ahnst es: Du ALBTRAUM JEDES REISENDEN
warst nicht in der Lage, mir ein durchgehendes Ticket zu verkaufen.
Schlimmer ist jedoch, dass du nicht in der Lage warst, schon in Passau
anzusagen oder anzuzeigen, dass der Zug nach Mühldorf gar nicht bis nach
Mühldorf fährt! Ganz genau, mal wieder baustellenbedingt den Fahrplan
geändert, aber keine Infos an diejenigen, die schon ein Ticket für
diesen Zug gebucht hatten. Und nicht mal an diejenigen, die gutgläubig
der Anzeigentafel vertrauend in den Zug eingestiegen sind. Dieser alte
Trick, Fahrgäste in den Wahnsinn zu treiben, funktioniert einfach immer
wieder.
Erst zwei Minuten vor der Ankunft in Pocking gab es – vom Band! So richtig kurzfristig kann die Streckensperrung also nicht gewesen sein! – die Information, dass der Zug in Pocking endet und es von dort einen Schienenersatzverkehr nach Eggenfelden gibt. Mit 36 (!) Minuten Wartezeit auf den Bus – und 0 (!) Hinweisschildern, Fahrplanaushängen, Ansagen oder ähnlichem am gottverlassenen Bahnhof Pocking. In keinem anderen Land Europas wird Bahnfahrgästen eine solche Unverschämtheit zugemutet.
Erst zwei Minuten vor der Ankunft in Pocking gab es – vom Band! So richtig kurzfristig kann die Streckensperrung also nicht gewesen sein! – die Information, dass der Zug in Pocking endet und es von dort einen Schienenersatzverkehr nach Eggenfelden gibt. Mit 36 (!) Minuten Wartezeit auf den Bus – und 0 (!) Hinweisschildern, Fahrplanaushängen, Ansagen oder ähnlichem am gottverlassenen Bahnhof Pocking. In keinem anderen Land Europas wird Bahnfahrgästen eine solche Unverschämtheit zugemutet.
Der Navigator weiß, dass es Ersatzverkehr gibt. Der Fahrgast nicht. |
36 Minuten Wartzezeit, aber 0 Info in Pocking |
Mobiles Internet in niederbayerischen Regionalzügen |
Walkman-Verbot im niederbayerischen Ersatzbus. 2018 in Deutschland. |
Kompetente Menschen, die man etwas fragen könnte (ich nenne sie „Schaffner“, du nennst
sie ganz unkompliziert „Kundenbetreuer im Nahverkehr“) gibt es in
deinen niederbayerischen Regionalbahnen noch weniger als mobiles
Internet. Aber schnell ist klar: Ich habe keine Chance mehr, noch am
selben Tag nach Bozen zurückzukommen. Nicht via Rosenheim, nicht via
München, zumindest nicht mit der Bahn. Mein Retter in der Not ist grün
und zuverlässig: Ich konnte mir (hach, wie unkompliziert ist der
Buchungsvorgang bei Flixbus im Vergleich zu dem bei dir) ein
Flixbus-Ticket von München nach Bozen buchen, mit Ankunft um 1:50h (ich
greife mal vorweg, dass der Bus pünktlich gewesen sein wird). Keine
schöne Uhrzeit, um ins Bett zu gehen, wenn man am nächsten Tag früh ins
Büro muss. Aber du in deiner Unfähigkeit, ein durchgehendes Ticket
auszustellen, hättest mich ja unterwegs stranden lassen, ohne mir ein
Hotel zu zahlen. Also Flixbus. Also will ich mir in Mühldorf im
Reisezentrum bestätigen lassen, dass ich mehr als eine Stunde Verspätung
habe und nun statt nach Rosenheim nach München weiterfahren darf. Das
Reisezentrum hat aber natürlich geschlossen. Also begebe ich mich auf
das Gleis, wo der Regionalexpress nach München wartet. Tatsächlich: Es
steht eine Schaffnerin, pardon, Kundenbetreuerin im Nahverkehr, auf dem
Bahnsteig. Kurz und diplomatisch erkläre ich ihr – mein hinfälllig
gewordenes DB-Ticket und mein frisch gebuchtes Flixbus-Ticket zeigend –
mein Problem: Dass ich aufgrund der Streckensperrung heute nicht mehr
nach Hause komme, außer ich fahre jetzt nach München und von da mit dem
Flixbus weiter. Ich frage sie, ob ich nun wenigstens mit dem Zug nach
München fahren kann, wenn ich von der Bahn sonst schon keine
Entschädigung zu erwarten habe. Sie schaut mich an und sagt: Nein.
Ich
hab kurz darüber nachgedacht, komplett auszurasten, den Bahnhof
Mühldorf zu verwüsten oder zumindest die Schaffnerin zu erwürgen. Habe
mich dann aber doch spontan umentschieden und höchst diplomatisch
weiterargumentiert, warum es für mich nicht ganz unwichtig sei, in
diesen Zug einsteigen zu dürfen. Die gute Frau ließ sich erweichen, aber
„psssst! Verraten Sie das bloß nicht weiter, ich dürfte das eigentlich
nicht.“ Ich konnte mir nicht verkneifen, sie davon in Kenntnis zu
setzen, dass ich es nicht eben für eine großzügige Geste der Deutschen
Bahn halte, mich nach diesem nervenaufreibenden Chaos wenigstens ohne
Aufpreis nach München fahren zu lassen, wo ich doch schon auf die
Nutzung des Tickets nach Innsbruck verzichte, keinerlei Entschädigung
erhalte und zusätzlich ein Busticket zahlen muss. Und ich frage dich,
liebe Deutsche Bahn: HAST DU EIGENTLICH NOCH ALLE TASSEN IM SCHRANK,
deine Mitarbeiterinnen anzuweisen, Fahrgäste, pardon, Beförderungsfälle,
in so einer Situation abzuweisen? BIST DU VON SÄMTLICHEN GUTEN GEISTERN
VERLASSEN? Anscheinend schon. KRIEGST DU EIGENTLICH GAR NICHTS MEHR AUF
DIE REIHE? Auch das.
Jedes Mal, wenn ich in Deutschland bin und mit dir fahren „möchte“, funktioniert es nicht. Immer nur in Deutschland funktioniert die Bahn nicht. Aber da jedes Mal.
Jedes Mal, wenn ich in Deutschland bin und mit dir fahren „möchte“, funktioniert es nicht. Immer nur in Deutschland funktioniert die Bahn nicht. Aber da jedes Mal.
Wenn
du nun denkst, ich habe in der obigen Auflistung einzelne Fahrten in
den letzten Monaten in Deutschland unterschlagen, die pannen- und
verspätungsfrei abgelaufen sind, dann muss ich zugeben: Ja, diese
Fahrten gab es. Die habe ich aber allesamt mit Flixbus zurückgelegt. Und
nicht mir dir ZUVERLÄSSIG UNZUVERLÄSSIGEM SAUHAUFEN.
So
zum Beispiel meine Hinfahrt nach Deutschland letzte Woche. In Frankfurt
bin ich nach dem Verlassen des bequemen und pünktlichen Nachtbusses auf
ein Werbeplakat gestoßen, auf dem du mir empfiehlst: „Fahr doch nichts
Flixbeliebiges.“ Mein erster Eindruck beim Lesen dieser IC-Bus-Werbung
war: Wenn es irgendein Unternehmen auf dieser Welt gibt, das keine
vergleichende Werbung machen sollte, dann bist das du, liebe Deutsche
Bahn!
Wenn irgendein Unternehmen dieser Welt auf vergleichende Werbung verzichten sollte... |
Aber
beim zweiten Lesen habe ich die subtile Botschaft dann verstanden: Du
empfiehlst mir ganz generell, lieber Bus zu fahren. Weil dir deine
unfassbare Unfähigkeit, Schienenfahrzeuge zu betreiben, selber auch
nicht entgangen ist, empfiehlst du deinen eigenen Kunden, doch
wenigstens den DB-Bus zu benutzen, wenn sie schon von der Bahn auf den
zuverlässigeren und nervenschonenderen Bus umsteigen.
Ein
interessanter Gedanke, auf den IC-Bus umzusteigen. Aber wissend, dass
er von DIR betrieben wird, beantworte ich deinen Vorschlag mit einem von
Herzen kommenden: VERGISS ES! DU KANNST MICH MAL AM ARSCH LECKEN,
DEUTSCHE BAHN! Und Verspätungsgutschein will ich auch keinen, diesen
einzulösen hieße ja, dass ich wieder auf deine „Dienste“ zurückgreifen
müsste. Von denen habe ich vorerst genug.